Marica Bodrožić

Marica Bodrožić, geboren am 3. 8. 1973 in Zadvarje, Jugoslawien, heute Kroatien; aufgewachsen bei ihrem Großvater in Svib in Dalmatien. 1983 Umzug zu ihren bereits als Gastarbeiter in Deutschland lebenden Eltern nach Hessen. Buchhändlerlehre und Studium der Kulturanthropologie, Psychoanalyse und Slawistik in Frankfurt am Main. Langjährige Aufenthalte in Paris und Zürich, Stadtschreiberin in Nowosibirsk (2008). Literarische Übersetzungen, Drehbücher, Regiearbeiten. 2014 hatte sie die Poetikdozentur der Hochschule RheinMain inne und war Writer in Residence in Brüssel. Stadtschreiberin in Turku, Finnland (2016). Chamisso-Poetikdozentur der Sächsischen Akademie der Künste (2022). Marica Bodrožić lebt in Berlin.

*  3. August 1973

von Michael Braun (Merzenich)

Essay

„Deutsch als zweite Muttersprache“ – mit dieser Formel beschreibt Marica Bodrožić die interkulturelle Dimension der Migrantenliteratur am Anfang des 21. Jahrhunderts. Maßgeblich zur Migrantenliteratur gehören deutschsprachige Schriftsteller, deren erste Muttersprache nicht das Deutsche ist. Diese Literatur ist in Deutschland, in dem jeder Fünfte und jedes dritte Kind unter 15 Jahren – dem Integrationsbericht der Bundesregierung zufolge (2007)– einen sogenannten Migrationshintergrund hat, alles anderes als eine versprengte europäische Sprachinsel. Auch die Kategorien von Exil und Emigration taugen wenig zur Charakterisierung. Für Bodrožić ist die deutsche Sprache keine Fremdsprache, sondern eine transnationale Kultursprache. Sie ersetzt die erste Muttersprache nicht, sondern übersetzt sie im Sinne ...